15.3.2016

Zero Moment of Truth im Automobilhandel

Wenn heutzutage ein Kaufinteressent ein Autohaus betritt, weiß er fast alles über sein Traumauto. Es ist überflüssig, ihn mit Informationen abzuspeisen, die es auch im Internet gibt. Der Umfang der dort verfügbaren Informationen ist überwältigend.

 

Deshalb spielt das Internet in nahezu jedem Schritt der Kaufentscheidung eine Rolle. So ist das Internet die erste Quelle, die man bei der Suche nach einem Neuwagen nutzt. Dort findet einer von drei Käufern Inspiration für Automarken, die er ansonsten gar nicht in Betracht gezogen hätte. Und beim Vergleich der Kaufalternativen, greift ein Viertel der Nutzer auf Online-Bewertungen im Netz zurück. Auch die Wahl eines Händlers beruht in drei von vier Fällen auf der Lektüre von Kundenbewertungen. Die Verfügbarkeit aller Informationen im Internet führt dazu, dass nur noch selten überhaupt ein Autohaus besucht wird. Während vor 10 Jahren dem Kauf noch durchschnittlich 4 Händlerbesuche vorausgingen, wird heute nur noch einmal der Händler aufgesucht. Dort erleben Verkäufer die Überlegenheit des Internets unmittelbar: Kunden kommen mit Smartphones und Tablets ins Autohaus und machen dem Verkäufer mit Live-Angeboten Druck. Die Kunden von heute sind besser vernetzt und informiert als der Verkäufer.


Das bedeutet, dass die Zeitspanne viel kürzer als früher ist, um die Kaufentscheidung des Kunden zu beeinflussen. Man spricht vom „Zero Moment of Truth“.Verkäufer müssen heutzutage besser informiert sein, aufmerksamer beobachten und schneller mit dem richtigen Angebot reagieren. Fehlverhalten hat Folgen für den Ruf des Autohauses, weil die Mehrheit der Kunden ihre Erfahrungen fatalerweise online publik machen.


“Das Internet verändert den Kaufentscheidungsprozess.“


Der klassische Salesfunnel, demzufolge der Kunde seine Kaufalternativen schrittweise eingrenzt, hat ausgedient. Früher reichte es, das Produkt zu positionieren, die richtigen Medien auszuwählen und dort eine Werbekampagne zu schalten. Diese Art der einseitigen Kommunikation ist mit Kegeln zu vergleichen. Das Ziel war es, alle Neune zu treffen.


Heutzutage ist stattdessen der interaktive Kaufzyklus realistisch. Er trägt der wechselseitigen Beeinflussung der Konsumenten und dem Dialog via Social Media Rechnung. Das Internet bietet dem Konsumenten Informationstransparenz. Der Hersteller ist nicht die einzige Informationsquelle. Statt einseitiger Kommunikation gibt es einen Dialog zwischen Kunden und Hersteller sowie unter den Kunden. In diesem Dialog hat die Stimme der Konsumenten immenses Gewicht. Denn: Jeder hört zu.
Vertriebsorganisationen sind dadurch in einer schwächeren Position, denn die Händler können den Kaufentscheidungsprozess nicht mehr steuern. Diese Art der Kommunikation ist mit Flippern vergleichbar. Man wirft eine Kugel ins Spiel und hat kaum Einfluss darauf, wie sich die Kommunikation in der Community entwickelt. Im schlimmsten Fall entwickelt sich sogar ein Proteststurm. Das Ziel muss es sein, den Ball so lange wie möglich im Spiel zu halten.


“Die Kugel im Spiel halten!”


Für den Verkäufer bedeutet das, dass sie ihrerseits Informationen über die Kunden sammeln und analysieren sollten. Die Daten können aus der direkten Interaktion stammen oder aus den digitalen Spuren, die Kunden hinterlassen, z.B. wenn sie ihr Fahrzeug konfigurieren, in Online-Communities aktiv sind oder auf eine E-Mail-Kampagne reagieren. Würden Verkäufer die Daten an diesen Punkten analysieren, könnten sie genau bestimmen, in welcher Phase der Kaufentscheidung sich potentielle Kunden gerade befinden. Das ermöglicht ihnen, zum richtigen Zeitpunkt und an der richtigen Stelle einzugreifen, um gezielt zum Kauf zu motivieren.

 

Das gelingt nur, wenn Verkäufer darüber im Bilde sind, welches Vorwissen der Autohausbesucher hat.

Diese wiederum erwarten vom Verkäufer, dass er auf einem ebenso hohen Wissensniveau agiert. Sonst hat das Gespräch für sie keinen Wert. Gemäß einer aktuellen Umfrage des Sales-Magazins CSO-Insights, bezeichnen Vertriebsleiter die gestiegenen Kundenerwartungen als größte Herausforderung der Verkaufsteams.


“Autohändler brauchen Digitalberater.”


Welchen Mehrwert kann der Verkäufer derart anspruchsvollen Kunden bieten? Antwort: Der Mehrwert besteht in Beratungsleistungen, die über den Verkauf des ursprünglichen Produktes hinausgehen. Ein Großteil der Käufer bezeichnet die Eigenschaft eines Verkäufers, ihnen aufgrund der Bedarfsanalyse eine wirklich passendes Angebot zu schneidern, als besonders wichtig. Konkret heißt das für Autoverkäufer: Sei präsent, sei nützlich, sei schnell!


Präsent sein, bedeutet zu bestimmten Suchbegriffen auffindbar und auf mobilen Endgeräten sichtbar zu sein. Nützlich sein, heißt dem Kunden Informationen zu Preisen und Bestand vor Ort zu bieten, die zugleich so gegliedert sind, dass diese unmittelbar mit Angeboten der Konkurrenten vergleichbar sind. Nützlich sind auch ansprechende Bilder und Videos. Und wenn der Interessent eine Anfrage stellt, versteht es sich von selbst, dass der Schnellste gewinnt.


“Sei präsent, relevant und schnell!”


Die kontrastiert extrem mit der heutigen Realität in Deutschland. Nach dem Concertare-Händlertest 2015 bei 1.030 Autohäusern von 32 Marken beantworten überhaupt nur 69% der Verkäufer E-Mail-Anfragen von Kaufinteressenten. In den meisten Fällen sind Verkäufer sogar nur dann bereit, ein Angebot zu erstellen, wenn sie die Adresse erhalten. Bei nur 8 von 32 Marken wurden die E-Mail-Kunden gut bedient: Bei Ihnen wurden die gestellten Fragen beantwortet, ein Ansprechpartner im Autohaus genannt und zu Probefahrt oder Verkaufsgespräch eingeladen.


Kommt es dann zum Verkaufsgespräch, führen aber nur die wenigsten Verkäufer eine Bedarfsanalyse durch.

 

 

Audi macht seine Sache zwar von allen am besten, erzielte aber nur mittelmäßige Bewertungen. Dieses schlechte Bild geben auch andere Premiummarken ab. Weiterhin nutzt kaum ein Verkäufer die Möglichkeit, nach dem Gespräch Kontakt zum Kunden zu halten. So macht Autokaufen keinen Spaß.

 

 

Fazit: Die meisten Händler lassen die Chance verstreichen, eine persönliche Verbindung zwischen Kunde und Marke herzustellen, in dem sie einen Mehrwert zum Internet oder zur gedruckten Broschüre herstellen.


Deshalb empfiehlt Mobile.de-Chef Malte Krüger den Einsatz von Digitalberatern für Händler. Bei Mobile.de gelten für angeschlossene Autohändler strenge Richtlinien für die digitale Kundeninteraktion. Ihre Händler müssen innerhalb von 12 Stunden E-Mails beantworten, angeben, welche Finanzierungsarten sie erlauben, und Probefahrten anbieten. Dies wird durch anonyme Anfragen überprüft.


Mobile.de ist ein Vorbild dafür, wie sich Automobilhersteller neu organisieren müssen. Sie müssen für ein Umdenken im Vertrieb sorgen und Verkäufern die Vorteile datengetriebener Methoden verdeutlichen, wenn es darum geht, Neu- und Bestandskunden zu identifizieren und mit ihnen zu kommunizieren. Verkäufer müssen in der Lage sein, ihren Kunden in jeder Kaufphase relevante Informationen bereitzustellen.


“Relevanz ist der Schlüssel.”


Schließlich müssen Verkäufer auch akzeptieren, dass Vorgesetzte künftig ihre Arbeit anhand dieser Daten beurteilen. Zugleich müssen sich die Entlohnungssysteme für Verkäufer ändern – weg von der Zahl verkaufter Fahrzeuge, hin zum Beitrag des Verkäufers zum Kaufentscheidungsprozess.
Hier stellt sich die grundsätzliche Frage, welche Rolle das Autohaus überhaupt im Kaufentscheidungsprozess spielen wird. Welche Station der Customer Journey kann das Autohaus gestalten? Da das Kauferlebnis bei Automobilen primär durch Haptik geprägt ist, spricht vieles dafür, sich auf die physische Inszenierung zu konzentrieren. Die Bühne dafür bieten neue Verkaufsformate wie Brand Stores in bester City-Lage, Pop-Up-Stores an ungewöhnlichen Locations, Testfahrtzentren oder Marken-Superstores. Diesen Verkaufsformaten ist gemein, dass sie dem Kunden einen guten Überblick geben und das Produkt perfekt inszenieren. Im Autohaus können iBeacons unterstützen: Da die App des Autohändlers dank iBeacon weiß, vor welchem Auto sich der Kunde gerade befindet, kann sie interessante Informationen zum Fahrzeug generieren. Eine weitere App kann dank Augmented Reality sogar die Alu-Felgen und das Wurzelholz-Armaturenbrett über das echte Auto blenden und so zusätzliche Wünsche wecken. Sollte das gewünschte Modell nicht in Sichtweite sein, kann die App den Kunden direkt zum richtigen Auto lotsen. Idealer Weise bietet der Autohändler dafür künftig hauseigene Pads zur Ausleihe, da die Datenmenge von Konfiguratoren, hochauflösenden Katalogen, Videos oder Augmented-Reality-Anwendungen recht groß ist. So wird das Autohaus zum Online-Shop zum Anfassen.
Die Verbindung von Online und Offline ist der Schlüssel für den Erfolg im Autohandel. Den Wandel können wir nicht aufhalten, aber wir können ihn gestalten.

 


 

 

15.3.2016

Digital zwingt Autohändler in die Knie.
Erkenntnisse vom Internationalen Trend Forum.

Angesichts der Digitalisierung steht der Automobilhandel vor einem umfassenden Wandel. Autos werden in Zukunft anders verkauft werden, als wir es uns heute vorstellen können. Über 500 Experten aus Automobilindustrie trafen sich am beim Internationalen Trendforum in Wolfsburg. Die Führungskräfte aus Vertrieb und Marketing aller deutschen Hersteller, aber auch von Marktforschungsinstituten und Hochschulen, folgten gebannt den Vorträgen von Google, Volkswagen, Skoda, Nielsen, MeinAuto.de und dem Handelsforscher Prof. Gerrit Heinemann.


Dr. Gilbert Heise, Marketingstratege von Volkswagen, skizzierte die zentralen, für die Autobranche relevanten Trends mit „always on“, mobilem Internet, Urbanisierung, Sharing Economy, Digitalisierung und Statusverlust des Automobils. Diese Trends veranlassen die Automobilindustrie dazu, neue, auf Dienstleistungen fokussierte Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das Auto wandelt sich vom Statussymbol zum Inbegriff realer und virtueller Mobilität. Die Generation Y hat ein ganz anderes Konsumverhalten als ihre Eltern. 71% informieren sich in der im Mittel sechsmonatigen Vorkaufphase mittels mobiler Endgeräte über Angebote. Kaufinteressenten besucht durchschnittlich nur noch ein Händler, während 2007 noch 4 Händler besucht wurden, bevor die Kaufentscheidung fiel. Den Kauf würden 49% auch online tätigen. Und nach dem Kauf würden 82% der Fahrer durchaus Daten über ihr Fahrverhalten teilen, wenn es Ihnen Vorteile bringt und die Datensicherheit garantiert ist. Für Volkswagen bedeutet dies, dass man im Sinne eines „blended retail“ in Showrooms auch virtuelle Dienstleistungen anbietet, so zum Beispiel die Information und Präsentation auch auf digitalen Wegen anbietet. Indem man verfolgt, wo die Kunden im Autohaus welche Informationen per Bluetooth abgerufen haben, kann man die Laufwege rekonstruieren und die POS-Gestaltung optimieren. Im Aftersales bietet Volkswagen sein Kunden Dongles zum selbstständigen Abruf von Service-Daten aus der OBD der Fahrzeuge an, wodurch man 260.000 zusätzliche Werkstattbesuche generieren konnte. Weiterhin offeriert man den Fahrern Online-Dienste als App an, die den Nutzungskomfort des Autos erhöhen, z.B. durch Breakdown Assistance, Verbrauchsoptimierung basierend auf Fahrverhalten und peer-to-peer-Parkplatz-Empfehlung.

 

Automobilhersteller werden eine erfolgreiche Zukunft im digitalen Zeitalter haben, wenn sie die On- und Offline-Welt intelligent miteinander verknüpfen.

(Michael Perschke, Audi)


Dagegen stellt Prof. Heinemann vom eWeb Research Center infrage, dass die Stärken von Online-Services in Deutschland wirklich ausgespielt werden, schätzt er doch die technische Infrastruktur als mangelhaft ein: „Die digitale Agenda ist eine Lüge“. Dass eine Digitalisierung des Handels in Deutschland noch nicht stattgefunden hat, schreibt er aber auch der Beobachtung zu, dass im stationären Handel noch kein Umdenken stattgefunden hat. Obwohl der E-Commerce signifikant steigt und die Mehrzahl der Kunden über mobile Endgeräte surft, ist nur ein Bruchteil der Händler-Webpages für Smartphones optimiert. Weiterhin fehlt es an einer echten Interaktion mit dem Kunden, z.B. via Sprach- oder Video-Chat-Beratung. Ein Gegenbeispiel ist „Butlers“. Auch widersprechen sich häufig die Informationen über Preise und Sortiment zwischen stationären Handel und dessen Online-Auftritt. Weiterhin sind nahtlose Bestellprozesse eher die Ausnahme, z.B. auf der E-Commerce-Plattform von IKEA in den USA. Gemessen an diesen Kriterien liegen Projekte von BMW, Mercedes und Tesla gegenüber Asos, Butler‘s, Levis und Amazon zurück. Es ist aber auch festzustellen, dass der Kunde auf den stationären Handel nicht verzichten möchte. Entgegen landläufiger Meinung ist nämlich nicht der Preis das zentrale Kaufargument, sondern die Verfügbarkeit der Ware. Im Autohandel ist zudem das reale Erlebnis des Fahrzeugs vor dem Kauf sehr wichtig. Wie Online- und Offline-Welt erfolgreich verknüpft werden können, zeigt aber kein Autohändler. Benchmark ist ein Online-Händler: der Ebay Inspiration Store.


Marktdisruption ist nicht zu verhindern! In jeder Branche wird sich ein digitaler Anbieter durchsetzen, auch im Automobilvertrieb.
(Gerrit Heinemann, eWeb Research)

 

Wie man Kunden online zum Kauf motivieren kann, zeigt Mathias Bernhardt vom Marktforschungsinstitut Nielsen anhand von Daten zum Fernsehkonsum. Der Trend geht eindeutig zum zweiten und dritten Bildschirm in Form von Tablet und Smartphone. Dies ist in dem Wunsch der Zuschauer begründet, sich über die Filme auszutauschen – auf eine einfache Formel gebracht: „Video Programming + Social Media = Engaged Audience“. Anders gesagt: Das Pausengespräch über den gestrigen „Tatort“ findet heute digital und in Echtzeit statt, während der Krimi noch läuft.

 

Online gewinnt an Bedeutung, aber TV wird niemals sterben.
(Matthias Bernhardt, Nielsen)

 

Weil Gespräche ins Internet verlegt werden, wird dieses zur wertvollen Quelle von Kundenreaktionen. Hier setzt Dr. van Deelen von Consline an. Seine These ist, dass Meinungsäußerungen von Kunden im Internet eine bessere Basis für die Identifikation von Qualitätsproblemen von Automobilen sind als die klassische Marktforschung. Das Internet ist ein guter Frühwarnindikator und erlaubt zugleich die offene Exploration, ohne vorher genau wissen zu müssen, wonach man sucht. Die bekannten Suchmaschinen sind dazu ungeeignet, weil sie erstens nicht auf „non-owned media“ fokussieren, auf denen aber erfahrungsgemäß 90% des Feedbacks erfolgt, und sie zweitens nicht den Kontext der Meinungsäußerung erkennen („Find‘ ich auch“.) und doppeldeutige Aussagen richtig interpretieren.

 

Die Analyse von Kundenmeinungen im Internet wird klassische Marktforschung ersetzen.
(Heinz van Deelen, Consline)


Wollen Automobilhersteller ihre Popularität im Netz aktiv steuern, sollten sie die Suchkriterien von Google und die Präferenzen von deren Nutzern berücksichtigen, so Pedro Pina, Managing Director von Google. Die medienspezifische Inszenierung einer möglichst prägnanten Kernbotschaft kann eine viel höhere Aufmerksamkeit schaffen, als das mit TV-Spots möglich ist. Ein Beispiel ist die „unskipable campaign“ von Geico, siehe https://www.youtube.com/watch?v=4fVLpyA50DY. Da das Internet die erste und die am häufigsten genutzte Quelle vor dem Autokauf ist, sollte sich der Internetauftritt an den je nach Phase abgestuften Informationswünschen der Interessenten richten, d.h. nur ein Click, erlebnisreich, Anzeige optimiert für mobile Endgeräte, nahtlos mit der Bestellmöglichkeit verknüpft. Ein exzellentes Beispiel liefert Tesla mit einem verblüffend einfachen Informations- und Bestellprozess im Internet.

 

Der Digitale Wandel findet jetzt statt, mit hoher Geschwindigkeit. Um in der neuen Realität zu gewinnen, müssen Autohersteller jetzt schnell, entschlossen und mit ganzer Kraft Vertrieb und Marketing auf “digital” umstellen.
(Pedro Pina, Google)


Dennoch wird in Zukunft der Händler nicht überflüssig, so Alex Bugge von der Vergleichsplattform MeinAuto.de. Allerdings muss der Verkäufer im Kundengespräch gleich einen Volltreffer landen. Da der Kunde über das Internet perfekt informiert ist, besucht er üblicherweise nur noch den Händler, bei dem er auch kaufen will. Damit die Wahl des Kunden auf dessen Betrieb fällt, muss der Händler im Internet präsent sein. Auf eben dieser Schwäche beruht das Geschäftsmodell von MeinAuto.de. Diese unabhängige Preisvergleichsplattform übernimmt den Vorverkauf für den Händler und vermittelt ihm Kaufinteressenten. Für sie ist diese Plattform die ideale Kombination der Vorteile des Internets (einfach, schnell, Angebotsvielfalt) mit denen des stationären Handels (persönlich, alle Autohausdienstleistungen). Der Händler bekommt einerseits eine Vielzahl von Leads, begibt sich aber andererseits in einen harten Preiskampf. Die Konsequenz: Der Händler gibt seine Informations- und Verkaufshoheit auf, um sein Servicegeschäft zu retten. Das Fazit der anschließenden Podiumsdiskussion war, dass dies ein Abschied auf Raten ist.

 

Der Neuwagenvertrieb von morgen baut auf dem Internet auf, wird aber unbedingt das lokale Autohaus mit seinen Dienstleistungen integrieren müssen.
(Alex Bugge, MeinAuto.de)

 

Abschließend kamen die Teilnehmer der Podiumsdiskussion zu dem Ergebnis, dass eine reine offline-Präsenz ein Abschied auf Raten ist. Der Grund, warum viele Unternehmen sich so schwer tun, von disruptiven Veränderungen zu profitieren, besteht darin, dass ausgerechnet jene Firmen, die im bestehenden Geschäftsfeld führend sind, schlecht im Wettbewerb mit neuen Anbietern sind. So beschreibt es Clayton Christensen, Harvard Business School Professor in seinem Buch "The Innovator's Dilemma". Heute ist die Automobilindustrie genau in diesem Dilemma.

 


 

 

11.10.2015

Das Auto schlägt das iPhone.

Im Januar 2012 nahm ein Audi 326 Kurven des Pikes Pike in atemberaubendem Tempo – ohne Fahrer. 2015 fuhr ein hochautomatisierter Audi auf dem Hockenheimring selbständig sogar Rundenrekord. Im Mai dieses Jahres steuerte ein Audi wie von Geisterhand sogar durch den dichten Innenstadtverkehr von Shanghai.


Hat das ein IPhone geleistet? Nein. Zwar haben Smartphones Einzug in die Cockpits genommen, weil ein Drittel von ihnen unterwegs online sein möchte. Smartphones informieren und unterhalten die Fahrer. Aber das Auto bleibt dem IPhone überlegen, weil hoch automatisiertes Fahren Zugriff auf umfangreiche Sensordaten fordert. Diese Sensoren garantieren Sicherheit, Effizienz und Komfort und – den Vorsprung gegen über Apple.


Sicherheit


Das elektronische Stabilitätsprogramm und der Abstandswarner sind heute zum Standard. Weiter fortgeschritten sind komplexe Systeme wie Long Range Radar, Laser Scanner oder Front- und Heckkamera für Nahbereich. Diese Sensoren erlauben mittels predictive analytics sogar die Vorhersage von Verkehrs- und Fahrsituationen. Ist beim Linksabbiegen mit Gegenverkehr zu rechnen? Übersehe ich beim Rechtsabbiegen einen Fahrradfahrer? Was ist hinter der nächsten Bergkuppe?


Die Kompensation von Wahrnehmungsschwächen und Unaufmerksamkeit ist die Stärke des hoch automatisierten Fahrens. Beide Fehler doch in über 50% der Fälle der Grund für Zusammenstöße. Mercedes Benz prognostiziert, durch digital vernetzte Fahrzeuge den Anteil der Unfälle am Straßenverkehr auf 10% senken können, die Zahl der Verkehrstoten auf weltweit 900.000 Menschen sowie die Zahl der Verletzten auf 36 Mio.


Effizienz


Navigationsgeräte erlauben den Zugriff geographische Daten, die vormals einen Umfang von 2,5 Tonnen gedruckter Straßenkarten ausgemacht haben. Welchen Zeitgewinn darüber hinaus die dynamische Routenführung durch Stauumfahrung bringt, liegt auf der Hand. Würden die Fahrzeuge künftig auch ihre Fahrziele mit der Verkehrsflussregelung in den Städten austauschen, erlaubte dies eine bessere Straßenauslastung durch nutzungsabhängige Entgelte.


Weiterhin ist hoch automatisiertes Fahren ist ressourcenschonend. Stellen Sie sich vor, daß die Fahrzeuge eines Car-Sharing-Programms selbständig zu Sammelstellen zurückführen. Effizienter wäre es auch, wenn solche Fahrzeuge wie ein Sammeltaxi mehrere Passagiere mit gleichem Ziel auflesen würden.


Komfort


Das Automobil ist ein großartiges Human Machine Interface (HMI). Es bedient alle Sinne. Sehen, Hören und Fühlen helfen, das Fahrzeug besser zu bedienen. So bieten moderne Cockpits dem Fahrer nach ihrer Wichtigkeit abgestuft und ästhetisch gestaltet alle Fahrzeuginformationen auf einen Blick. Akustische Signale heben die wichtigsten Informationen hervor. ESP und Spurhalteassistent geben sogar taktile Rückmeldungen von der Straße. Und der Geruch von edlem Leder rundet das Komforterlebnis ab.


Gemessen an dem, was von der Hardware her möglich ist, ziehen die Automobilhersteller alle Register, wie auf der IAA der neue Volkswagen Golf R Touch mit großen Displays, Gestensteuerung und Ambient-Licht eindrucksvoll zeigte. Da Assistenzsysteme nur dann eingreifen, wenn der Fahrer unter- oder überfordert ist, beweist daß der Fahrspaß nicht verloren gehen muß.


Aber die Erwartungen der Generation Connected gehen über das Auto hinaus. Die Maßstäbe der Digital Natives sind vom Service Level der Telekommunikations- und Spielebranche geprägt. Sie erwarten nahtlose Prozesse, die einzigartig für die Marke sind.


Für sie sind Dienstleistungen relevant, die nicht nur den Nutzen des Fahrzeugs erhöhen, sondern auch außerhalb von Fahrzeug und Mobilität einen Mehrwert bieten. Genauso wie die digitalen Wegbereiter Google, Amazon & Co. es vorgemacht haben, wie man Kunden immer und überall begleitet, auch ins Fahrzeug, so ist die Frage, wie die Automobilindustrie Grenzen ihres Angebots erweitert. Wie weckt man eine Nachfrage nach Mobilität und Markenerlebnissen außerhalb des Autos?


Das schaffen die Automobilhersteller heute nicht.


Nach Christoph Hartung von Mercedes-Benz gelingt es der Automobilbranche nicht, Informationen über das Nutzungsverhalten ihrer Kunden zu verwerten, die Customer Insights über deren Bedürfnisse generieren, obwohl man wertvolle Sensordaten hat. Zum Beispiel: Warum leitet man nicht aus dem Fahrverhalten ab, daß der Fahrer gerade auf Parkplatzsuche ist und bietet ihm automatisch die nächsten Parkhäuser an? Die Autohersteller würden viele neue Bedürfnisse ihrer Kunden erkennen, wenn man die Momente analysierte, in denen der Fahrer heute zum iPhone greift.


Ursprung des Problems ist die Unternehmenskultur vieler Automobilhersteller, die traditionell ingenieursgetrieben sind: Es wird gemacht, was technisch möglich ist, nicht was der Kunde wünscht.


Weiterhin tut sich die Automobilbranche noch schwer alle Daten zusammenzuführen. Last not least erlaubt der Datenschutz eine solche Zusammenführung nicht, es sei denn, der Kunde stimmt dem zu. Dies ist heute noch fraglich, ist für viele das Auto doch so privat wie das eigene Wohnzimmer. Dagegen ist einzuwenden, daß auch das Smartphone ein individuelles Accessoire und zugleich ein Fenster zur Welt ist. So wie das IPhone mehr als ein Telefon geworden ist, so muß das Auto mehr als ein Fortbewegungsmittel werden. „The car has to get bigger than a car“ (Robert Stadler, Audi AG).


Ähnliches kann der Automobilbranche nur gelingen, wenn man für die Generation Y relevante Dienste anbietet. Scott Yara von Pivotal sagt: „Build something meaningful.”


Dafür ist es nötig über die Grenzen des Fahrzeugs hinaus zu denken. Dem steht entgegen, daß die Unternehmenskultur vieler Automobilhersteller traditionell ingenieursgetrieben ist. Es wird gemacht, was technisch möglich ist, nicht was der Kunde wünscht.


Zudem besteht in Europa nicht die entsprechende Infrastruktur, wie Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) anhand des Connected Car Innovation Index zeigen konnte. Die Datenautobahnen sind verstopft.


Ein Handicap der Automobilhersteller ist auch, daß die Produktentwicklung im Vergleich zur Telekommunikation länger dauert (5-6 Jahre vs. 2-3 Wochen).


Auf Seiten der Unternehmen besteht ein Lösung in einem agilen Projektvorgehen, Kooperationen mit anderen Mobilitätsanbietern und Verschiebung des Wertschöpfungsschwerpunkts der Automobilhersteller von der Produktion zur Dienstleistung, Cloud-Lösungen für die zentralen IT-Systeme und die starke Reduktion der Steuergeräte im Fahrzeug, um Updates schneller durchzuführen. Von Seiten der Regierungen sind hohe Investitionen in die Infrastruktur nötig.

 

Dann werden vielleicht die Prognosen Realität, daß 2020 etwa 50% der Wertschöpfung aus der IT herrühren und daß jedes vierte Auto vernetzt sein wird (heute 10%).

 

Nicht nur wegen der dem Smartphone überlegenen Sensorik und des höheren Erlebniswerts des Automobils, sondern auch aufgrund der schieren Masse von 2 Milliarden künftig womöglich online verbundenen Fahrzeuge mag man argwöhnen, daß vielmehr die Tage des iPhone gezählt sind.

 


 

Foto: Jorg Mühlenberg, München

 

12.3.2015

Customer Management im Vertrieb von Gebrauchtwagen.
Hat der Händler verloren?

von Thomas Dmoch

 

Beim Gebrauchtwagenkauf schwingt bei vielen die Befürchtung mit, auf ein „Montagsauto“ hereinzufallen. Kaufinteressenten argwöhnen, dass der Wagen nicht pfleglich behandelt, unsachgemäß gewartet oder schlecht repariert wurde. Mehr noch als im Neuwagengeschäft ist Kundenvertrauen der Schlüssel zum Erfolg beim Verkauf von Gebrauchten. Den Rahmen dafür bildet ein effektives Kundenmanagement.

 

Unter Kundenmanagement (Customer Management) verstehen wir die professionelle Organisation von Austauschbeziehungen, unterstützt von adäquaten IT-Systemen. Kanäle, durch die der Austausch stattfindet, können das Verkaufspersonal, der Hersteller, die Website oder das Call Center sein. Ob der Austausch erfolgreich ist, hängt weitgehend davon ab, ob die Erwartungen der Gebrauchtwagenkunden erfüllt werden.

 

Diese Erwartungen unterliegen derzeit einem grundlegenden Wandel. Mobile.de und AutoScout24 setzen hohe Standards. Darüber hinaus prägen auch andere Branchen, die in punkto Kundenzufriedenheit die Nase vorn haben, die Erwartungen von Gebrauchtwageninteressenten.

 

Autohäuser sind dabei ins Hintertreffen geraten, obwohl gerade das Gebrauchtwagengeschäft für sie eine wichtige Gewinnquelle ist, das niedrige Margen im Neuwagenverkauf kompensiert.

 

Neue Technologie schafft neue Kunden.

 

Das traditionelle Autohaus ist tot. Seit Jahrzehnten beobachten wir einen starken Rückgang an Händlern. Der Grund ist, dass sie ihre Informationshoheit verloren haben, weil Kaufinteressenten über das Internet perfekt informiert werden. Auch ist das Vertrauen der Verbraucher auf "Menschen wie du und ich" auf Facebook viel höher als gegenüber dem Verkäufer im Autohaus. Ein weiterer Grund für die Abwanderung des Gebrauchtwagengeschäfts ins Internet ist, dass das Angebot auf den bekannten Portalen deutlich größer ist als beim Händler.

 

Im Internet bieten insbesondere Social Media den Vorteil, dass sie der Dialogbereitschaft der Kaufinteressenten entgegenkommen. Und Dialog schafft Vertrauen.

 

In quasi jedem Schritt der Kaufentscheidung spielt das Internet deshalb eine wichtige Rolle: Bei der Suche nach einem Gebrauchtwagen erfolgt der Einstieg über das Internet. Weiterhin gelangen bei der Recherche einer von drei Kaufinteressenten zu weiteren, interessanten Marken, die ihnen ansonsten nicht in den Sinn gekommen wären. Beim Vergleich von Alternativen schließlich berücksichtigen 24% der Nutzer die Online-Bewertungen anderer. Auch nach dem Kauf tauschen sich bemerkenswerterweise 75% aller Gebrauchtwagenkäufer über ihre Erfahrungen online aus. Dadurch geben sie anderen Nutzern Orientierung, die noch vor der Kaufentscheidung stehen. Für die Händler bedeutet das, dass sie deutlich weniger besucht werden als noch vor wenigen Jahren, im Schnitt nur einmal vor dem Kauf. Der Verkäufer hat also heute nur sehr kurz die Gelegenheit, die Kaufentscheidung zu beeinflussen. Man spricht sogar vom „zero moment of truth“. Fazit: Der Verkäufer muss sehr gut informiert sein, aufmerksam die Kundenwünsche erfassen und schnell reagieren.

 

Online-Portale übertreffen Autohäuser im Service.

 

Die Erwartungen der Verbraucher an den Service sind durch Online-Portale wie Autoscout24 und Mobile.de beeinflusst. Sie sind für jene praktisch und komfortabel, die Effizienz und Transparenz suchen. Dies gilt für die meisten Internet-affinen Kunden.

 

 

Abbildung 1: Vergleich der Dienstleistungen von Gebrauchtwagen-Portalen mit Markenhändlern

 

Autohäuser können hier nicht mithalten. Ihre große Schwäche ist die geringe Kundentreue ihrer Klientel, ihre Stärke der persönliche Kontakt. Deshalb ist es ratsam, den Kontakt mit dem Kunden durch guten Kundendienst zu halten, um den nächsten Kauf vorzubereiten.

 

Ein gutes Beispiel, wie ein Markenhändler seine Schwäche perfekt kompensiert, ist http://www.lueg.de/Mercedes-Gebrauchtwagen/0_406.html. Über das Internet können Kaufinteressenten sehr schnell einen Überblick zu den Gebrauchtwagen-Angeboten von Autohaus Lueg erhalten und mit einem Klick Kontakt zum Verkäufer aufnehmen. Schon die Bedarfsanalyse wird online durch den Verkäufer oder via Konfigurator durchgeführt. Natürlich ist die Kontaktaufnahme auch über alle bekannten Social Media-Kanäle möglich.

 

Hat der Kaufinteressent bei Lueg seine Konfiguration gespeichert, erhält sie der Verkäufer für seinen weiteren Dialog mit dem Kunden. Zudem ist der Vergleich von Angebote sehr einfach, da alle Fahrzeuge mit Preisinformationen in standardisierter Weise angezeigt werden. Selbstverständlich erhält der Kaufinteressent auf Wunsch auch ein Finanzierungsangebot. Probefahrtwünsche kann der Interessent auf der Website äußern. Probefahrttermine werden unmittelbar per E-Mail bestätigt. Besonders vertrauensbildend wirken schließlich die zertifizierte Gebrauchtwagengarantie dieses Händlers und die Möglichkeit, zusätzliche Garantieverträge abzuschließen.

 

Das Beispiel von Autohaus Lueg zeigt, dass Händler Gebrauchtwagenkunden gewinnen und halten können, indem sie deren digitalem Kommunikationsverhalten Rechnung tragen. Ähnlich realisiert AUDI in seinem Gebrauchtwagen Plus Zentrum nahe dem Münchner Flughafen bereits viele innovative Dienste wie der 3D-Konfigurator, virtuelle Testfahrten, interaktive Informationsterminals am Ausstellungsfahrzeug mit Touch-Screens sowie die Überspielung dieser Informationen auf das iPhone via QR-Code und digitalem Verkaufsassistenten (www.audi-gwplus-zentrum-muenchen.de).

 

Das heutige Gebrauchtwagengeschäft ist nicht nachhaltig.

 

Gebrauchtwageninteressenten können sich viele Alternativen zum Händler vorstellen. Nach einer Umfrage wären 42% bereit, direkt vom Hersteller zu kaufen. Auch Amazon, Metro oder Sears wären für sie akzeptable Anbieter. Nur 21% der Befragten hängen am Händler, wenn es um den Gebrauchtwagenkauf geht. Autohändler gelten also nicht als so kompetent, als dass man nicht auf sie verzichten könnte.

 

Dies liegt daran, dass Kunden wissen, zu welchem guten Service man in anderen Branchen fähig ist. So schätzen Kunden beispielsweise Mobile.de für sein riesiges Angebot. Dagegen bieten die Automobilhersteller und Händler diese transparente Vielfalt von Marken und Modellen nicht. Weiterhin machen Konsumenten bei Nike tagtäglich die Erfahrung, dass ihre Bedürfnisse entweder aufgrund einer Kundenkarte oder sogar durch Online-Tracking ihres Trainingsverhaltens via Smartphone so gut bekannt sind, dass sie maßgeschneiderte Angebote mit echtem Mehrwert erhalten. Auch bei Hilton Hotels richten sich spezielle Angebote nach dem Buchungsverhalten. Bei Lufthansa schätzen die Konsumenten, dass sich das Belohnungssystem sogar auf unternehmensfremde Leistungen erstreckt. Espresso gelingt es nicht nur, seinen Kunden eine perfekte Servicekette anzubieten, sondern sein Markenerlebnis durchgängig über jedes Glied zu vermitteln. Und NIVEA ist unter Kunden dafür bekannt, dass man auf Anfragen via Social Media besonders schnell reagiert. Welche dieser Leistungen finden Gebrauchtwageninteressenten dagegen bei Autoherstellern und -händlern? So gut wie keine! Und das, obwohl der PKW die fast aufwendigste Anschaffung eines Haushalts nach dem Eigenheimerwerb ist. Warum sollten Kunden also einen schlechteren Service akzeptieren?

 

Abhilfe würde im Gebrauchtwagengeschäft ein professionelles Kundenmanagement schaffen sowie die Arbeitsprozessstandardisierung und ein Multikanalvertrieb. Dies setzt bei den Automobilherstellern allerdings die Verknüpfung aller Vermarktungsaktivitäten voraus, und zwar des Vertriebs von Neu- und Gebrauchtwagen, des Kundendiensts, der Financial Services und des Flotten-Managements. In der Kundenkommunikation wäre es vordringlich, Transparenz zu schaffen, unabhängig davon, ob der Interessent über den Händler, die Website oder das Call Center Kontakt mit der Marke aufnimmt. Dabei besteht das Ziel darin, dass die Botschaften in dieselbe Kerbe schlagen. Technisch gesehen könnte dies durch ein gemeinsames CRM von Händlern und Herstellern erfolgen, in dem die gesamte Kontakthistorie des Kaufinteressenten für alle sichtbar dokumentiert wird.

 

Wie sieht die Lösung aus?

 

Professionelles Kundenmanagement für Gebrauchtwagen ließe sich durch folgende Maßnahmen einrichten:

 

1. Sicherstellung eines konsistenten Markenerlebnisses über alle Kontaktpunkte des Kunden mit der Servicekette,

2. Rationalisierung des Kundenmanagements durch nahtlose Prozesse,

3. Schaffung von Service-Bündeln mit Financial Services, Händler und Kundendienst,

4. Vertrauen schaffen durch Qualitätssicherung und anerkannte Gütesiegel zum Angebot,

5. Höchste Angebotsbreite und -tiefe durch Zusammenführung aller angeschlossenen Gebrauchtwagenanbieter (Händlerangebote, Leasing- und Dienstwagenrückläufer).

 

Kurzum: Will man das Gebrauchtwagengeschäft von Markenhändlern gegenüber AutoScout & Co. retten, gilt es die Interaktion mit den Kaufinteressenten durch nahtlose Prozesse, Dialog und hohe Transparenz der Kundenbedürfnisse zu verbessern. In den Vereinigten Staaten gelingt es beispielsweise AutoNation, den gesamten Produktlebenszyklus über mehrere Halter abzudecken, vom Neuwagenkauf bis zum Kundendienst, wenn das Fahrzeug zum Gebrauchten geworden ist. Durch diese Maßnahmen werden Automobilhersteller das volle Potenzial des Gebrauchtwagengeschäfts aktivieren können.

 


 

Abbildung: Neue Agenturmodelle

 

6.1.2014

Neue Agentur-Modelle für effektive PR im digitalen Zeitalter

von Thomas Dmoch

 

Montagmorgen, Bereichsleitersitzung: Angesichts der aktuellen Absatzprobleme poltert Vertriebschef Gert Groß-Huber: "Wir brauchen eine bombastische PR-Kampagne, in der wir der Presse sagen, wie der Hase läuft. Und ich habe da eine neue Agentur an der Hand, die genau das schafft." Alle Augen richten sich sofort auf die PR-Chefin. Nun hat sie den schwarzen Peter.

 

Dies ist sicher eine unangenehme Situation, zum Glück fiktiv. Aber leider ist sie sehr realistisch, kennzeichnet sie doch, dass Kommunikationsprobleme häufig nicht präzise gefasst werden oder die Öffentlichkeitsarbeit vorschnell für fremde Probleme verantwortlich gemacht wird. Erfahrungsgemäß wird in den Konferenzräumen deutscher Unternehmen viel zu früh über Mittel debattiert statt über Ziele und Aufgaben des Kommunikation und wer bzw. welche Agentur sie löst. Denn: Genaugenommen kommt die Agenturfrage am Schluss.

 

Am Anfang sollte die Frage stehen: Worin besteht eigentlich das Problem? Ist es ein ein ökonomisches oder ein außer-ökonomisches Problem, also Bekanntheit, Image oder Kaufabsicht - Größen, die zwar weit vor dem Kauf liegen, aber dem Schaffen der PR-Mannschaft viel eher zuzurechnen sind als Absatzzahlen, die ihrerseits vielen externen Einflüssen unterliegen wie Konjunktur und Wettbewerbsaktivitäten. PR-Leute sind also gut darin beraten, sich nur an jenen Größen messen zu lassen, die in ihrem Verantwortungsbereich liegen - und die Polemik des Vertriebsleiters an sich abperlen lassen.


Aber dennoch beobachte ich häufig, dass selbst PR-Profis das Kommunikationsproblem nicht ausreichend präzise erfassen oder es zu wenig konkret formulieren. "Das häufigste Problem in der Zusammenarbeit ist, dass der Kunde uns nicht genau sagt, was er will. Wir verbringen viel Zeit damit, seine Ziel auf den Punkt zu bringen", so der Geschäftsführer einer renommierten Frankfurter Agentur. Tatsächlich sind die Briefings vieler Auftraggeber voll mit Operettenstrategien und Wortgeklingel ohne Substanz. Die Gründe liegen darin, dass man sich durch Vermittlung aller möglichen Informationen im Unternehmen absichern möchte ("Die Agentur wurde ja umfassend informiert.") oder dass - noch schlimmer - Kenntnisse über Ursache-Wirkungszusammenhänge der Kommunikation fehlen und man sein Problem und dessen denkbare Lösung gar nicht erkennt.

 

Ob man sein Kommunikationsziel erreicht, hängt aber von der präzisen Formulierung des Kommunikationsproblems ab. Dies sollte in ein verständliches Briefing münden. Davon hängt nicht nur die Wahl der richtigen Kommunikationsmittel ab, sondern ggf. auch des Dienstleisters, der sich auf derartige Lösungen spezialisiert hat. Das Briefing ist eine wichtige Aufgabe des PR-Chefs, auf die er viel Mühe verwendet sollte, damit seine Agentur die richtige Lösung erarbeitet.

 

Die Anforderungen an Agenturen sind sehr hoch. Die Konsumenten von Heute erwarten nahtlose Betreuungs-und Informationsprozesse über alle Kontaktpunkte des Unternehmens. Dies erfordert ein ausgeklügeltes Multi-Channel-Management, das den Konsumenten 360°-Grad betreut. Dazu müssen Agenturen erstens die Fähigkeit mitbringen, Botschaften im Rahmen integrierter Kommunikation auf die unterschiedlichen Kommunikationskanäle zu adaptieren. Das übergeordnete Ziel besteht darin, ein konsistentes Markenbild in der Presse aufzubauen.

 

Zweitens wird dieses ohnehin schon komplexe Kommunikationsmanagement dadurch erschwert, dass die Konsumenten im Rahmen des Mitmach-Web eine hohe Dialogbereitschaft untereinander pflegen und ähnliche Ansprüche auch gegenüber Unternehmen hegen. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie Internet aufmerksam beobachten, schnell reagieren und angemessene Antworten geben müssen.

 

Generalisten unter den Agenturen sind mit dieser doppelt komplexen Aufgabe schnell überfordert, Spezialagenturen sind nötig. Aber ob nun PR-, Werbe-, Veranstaltungs-, Online-Agentur oder sogar Vertriebstrainer - sie alle müssen erstens Dienstleistungsangebote entwickeln, wie sie der Dialogbereitschaft der Konsumenten Rechnung tragen. Zweitens müssen sie den Nachweis erbringen, dass sie zur effizienten Zusammenarbeit miteinander in der Lage sind. Sonst gerät integrierte Kommunikation zur Kakophonie.

 

Selbstverständlich stellt sich diese Aufgabe nicht nur an die Kommunikationsdienstleister, sondern setzt voraus, dass sich im eigenen Haus vom Silo-Denken verabschiedet hat.

 

In meinem Seminar am Freitag, den 23. Januar an der Markenakademie des Deutschen Markenverbands vermittle ich Managern geeignete Kriterien, nach denen sie die für ihre Fragestellung richtige Agentur auswählen und wie sie im Alltag steuern können (siehe http://www.markenverband.de/akademie/). Sehen wir uns?

 

 


 

Abbildung: Das Auto asls Fernbedienung

 

18.12.2014

Das Auto als Fernbedienung des Lebens,
Aftersales Services für die Generation Connected

von Thomas Dmoch

 

Manchen Kunden sind Online-Dienste heute schon wichtiger als Pferdestärken. Nach einer Umfrage würden knapp 30 % die Marke wechseln, wenn das neue Fahrzeug deutlich bessere Online-Dienste aufweist.

 

Tatsächlich werden in Zukunft nur jene Marken begeistern, deren Dienste sich in den Lebensstil des Kunden einfügen und dabei einen markentypischen Mehrwert liefern. Dagegen wirken die Online-Dienste mancher Hersteller beliebig und sind insofern nicht markenadäquat als sie sich nicht in die Gefühls- und Erfahrungswelt der Zielgruppe einfügen. Nur wenige Online-Dienste sind markenspezifisch. Vielfach sind sie auch nur auf Produkt oder Vertrieb fokussiert.

 

  • Klassische Telematik-Angebote wie Ferndiagnose, Geo-Fencing, d.h. die Lokalisierung des Fahrzeugs, und die simple Türentriegelung mit dem Iphone.
  • Komfort und Unterhaltung, z.B. Reiseplanung, Reservierung und Social Media-Applikationen wie "Share my trip"
  • Car-to-Infrastructure, z.B. Parkplatzinformation und -reservierung in Echtzeit, aber auch Location-based-Services wie aktuelle Angebot von lokalen Geschäften entlang der Fahrstrecke
  • Car-to-Car-Dienste, z.B. Stau- und Unfallwarnung in Echtzeit
  • Car-to-Home-Dienste, z.B. die Hausüberwachung aus dem Cockpit heraus


Fast alles ist denkbar, vieles heute schon machbar, aber nur einige Dienste sind im Hinblick auf die Marke sinnvoll. Dienste, die nicht im Einklang mit den Markenwerten stehen, lösen Irritation und letztlich eine Erosion der Markensubstanz aus.


BMW steht für die Freude am Fahren. Bei BMW zahlen jene Dienste auf das Markenguthaben ein, die die Freude am Fahren verstärken oder Beeinträchtigungen dessen mindern. Beispielsweise wären zwei Arten von Diensten für BMW markentypisch: a) Dienste, die das Fahrerlebnis verstärken, z.B. Drift Assistent im BMW 2er oder schaltbare Fahrwerkseinstellungen wie "Sportmodus" und b) Dienste, die Beeinträchtigungen des Fahrerlebnisses mindern, z.B. Stau- und Unfallwarnung durch Vernetzung mit der Umwelt oder in Zukunft ein globales Gefahren-Warn-System, das dem Fahrer Unwetter, Gefahrenstellen oder Bezirke mit hoher Kriminalität signalisiert.


Der Kundendienst ist ein hoch profitabler Markt

 

Während aus produkttechnischer Hinsicht viel gemacht wird, die Fahrzeuge immer differenzierter werden und es auf der einen Seite für jede noch so spezielle Zielgruppe heute das passende Fahrzeug gibt, ist auf der anderen Seite der Kundendienst nicht differenziert.


Egal ob ich ein Fahrzeug für knapp 10.000 Euro oder für 100.000 Euro fahre, ich erhalte immer denselben Kundendienst. Im Kundendienst scheren viele Automobilhersteller die Kunden über einen Kamm. Der Vergleich von Bestand und Neuzulassungen zeigt, dass jedes Jahr mehr Fahrzeuge zugelassen als verschrottet oder exportiert werden, so dass das Fahrzeugalter steigt. Das Durchschnittsalter lag 2003 noch bei 7,4 Jahren und liegt 2012 bei 8,5 Jahren.


Zwar wird ein Großteil der Erlöse im Neuwagengeschäft gemacht und der Kundendienst macht nur 20% des Umsatzes aus, aber 75-80% des Gewinns aus dem Kerngeschäft verdienen Hersteller mit Aftersales-Leistungen.


Zudem wächst der Markt. Laut Datamonitor 2012 werden die Einnahmen jährlich bis 2016 um 1,2% zunehmen. Deshalb drängen vermehrt neue Anbieter auf den Markt: freie Werkstätten, Werkstattketten, Intermediäre wie Versicherungen, Spezialisten wie CarGlas.


Nicht nur diese Dienstleister, sondern auch der Neuwagenverkauf der Hersteller wecken bei Aftersales-Kunden hohe Erwartungen hinsichtlich der differenzierten Kundenansprache. Weiter angeheizt werden sie von anderen Branchen.


Die Dienstleistungsbranche prägt die Erwartungen an den Kundendienst

 

Mobile.de ist bekannt für seinen transparenten Bestand. Nike kennt seine Kunden rundum genau, gleichgültig in welchem Geschäft sie einkaufen. Das Hilton Hotel schneidet seine Aktionen auf die Kunden gemäß ihrem Nutzungsverhalten zu. Lufthansa erlaubt den Handel von Bonuspunkten unter seinen Kooperationspartnern, ob nun Hotelketten, Fahrzeugvermieter oder Weinhändler. Nespresso ist renommiert für sein durchgängiges Markenerlebnis von der Werbung bis zum Handelsplatz. Nivea interagiert perfekt mit seinen Kunden. Diese Firmen sind Benchmarks im Kundendienst, weil sie in drei wesentlichen Faktoren überlegen sind: Prozesse, Angebot und Marke. Diese drei Faktoren manchen guten Kundendienst aus.


Hier bleibt die Autobranche weit hinter ihrem Potential. Viele Kunden verstehen nicht, warum für Ihr Auto nicht eine ähnliche Service-Qualität erwarten können, zumal das Auto nach dem Hauskauf die zweitwichtigste Anschaffung des Lebens ist.


Dabei bieten die bei OEM heute schon verfügbaren Daten und die Bereitschaft der Kunden zum Datenaustausch eine große Chance zur differenzierten Ansprache. Dank Social Media hat sich ein Großteil der Kommunikation ins Internet verlagert, was durch die Nutzung von mobilen Endgeräten verstärkt wird.

 

Grundsätzlich gibt es drei Szenarien, wie sich der Kundendienst in Zukunft verändern könnte:

1. Veränderung primärer Geschäftsprozesse des Kundendienstes: Hier besteht ein akuter Differenzierungsbedarf, weil mit Öffnung der OBD Fahrzeuginformationen auch Dritte zur Verfügung stehen. Hier droht Konkurrenz von neuen Marktbeteiligten z.B. Werkstattketten, die maßgeschneiderte Angebote aufgrund der Online-Fehlerdiagnose unterbreiten.

2. Vereinfachung von Hintergrundprozessen, z.B. Verifizierung von Garantieanträgen via digitales Serviceheft.

3. Erschließung neuer Geschäftsfelder durch digitale Dienste für den Kunden, z.B. Flotten-Management für Car Sharing-Anbieter.


Um die Erfolgschancen jedes Szenarios abschätzen zu können, gilt es die Nachfrage in zweierlei Hinsicht zur präzisieren:

1. Wie unterscheiden sich diese Zielgruppen der "Generation Connected"?

2. Welche Dienstleistungen rund um den Kundendienst begeistern sie?
Zur Beantwortung dieser Frage wurde sekundärstatistisches Material herangezogen. Die B4P-Studie, ein Nachfolger der " Typologie der Wünsche" ist eine jährlich durchgeführte, repräsentative Befragung der deutschen Bevölkerung zu ihrem Lebensstil sowie ihrem Konsum-, Medien- und Mobilitätsverhalten. Interessant ist, daß auch die Kundendienst-Nutzung erhoben wird. Anhand dieser Daten hat man festgestellt, daß sich alle Befragten im Hinblick auf zwei zentrale Wertedimensionen unterscheiden lassen:

  • progressiv versus traditionell,
  • materialistisch versus altruistisch.


Anhand dieser beiden Dimensionen gelang es, vier Gruppen von Aftersales -Kunden statistisch herauszuarbeiten. Diese Gruppen unterscheiden sich in ihrem Lebensstil und durch spezifische Erwartungen an den Kundendienst. Sie werden durch folgende prototypischen Vertreter repräsentiert:

 

Sarah Schott ist Smart Shopper. Die 25-jährige Berufsanfängerin fährt einen gebrauchten BMW 114i. Sie ist aus gutem Haus, statusorientiert, hat aber ein geringes Einkommen. Für Sarah Schott kommen Festpreisangebote infrage, die aufgrund von Service-Terminen in Randzeiten und wiederaufbereiteten Teilen (Volkswagen Economy Parts oder Renault Motrio) besonders günstig sind. Sie schätzt die verständliche Erläuterung des Reparaturbedarfs via Ipad bei der Direktannahme, die Transparenz über den Reparaturstatus via Smartphone sowie die sorgfältige Fahrzeugaufbereitung bei Übergabe.

 

Gerhard Meier ist ein Sparfuchs. Der 46-jährige Handwerker aus Bochum fährt einen gebrauchten BMW 320i Touring. Er ist verheiratet, hat ein Kind und ist eher konservativ. Auf der Suche nach dem besten Preis nutzt er das Internet. Gerhard Meier ist nicht markentreu. Reparaturen läßt er gerne von A.T.U durchführen. Dort hat er vor kurzem kostenlos einen O.B.D.-Stick erhalten, den man unter dem Namen "Automatic" auch im Internet kaufen kann. Mit der verbundenen Smartphone-App kann er Fehlermeldungen aus dem Steuergerät seines Wagens auslesen. Die A.T.U. App "Do-it-yourself" hilft ihm dabei, Service-Arbeiten sogar selbst auszuführen. Sie zeigt ihm bei geöffneter Motorhaube via "enhaunced reality" auf dem Ipad, welche Handgriffe an den Motorkomponenten durchzuführen sind. Die Teile kauft Gerhard bei A.T.U.


Dr. Marco Weiß hat hohe Ansprüche. Der 34-jährige Rechtsanwalt aus Düsseldorf fährt einen BMW 428i mit M-Paket. Dr. Weiß schätzt Premium-Service unter Nutzung digitaler Kommunikation. Zugunsten des Komforts erlaubt er den Zugriff auf seine persönlichen Daten, wie seinen Terminkalender. In diesem Sinne erhält er den Service-Bedarf seines Fahrzeugs nicht nur im Cockpit-Display angezeigt, sondern auch per Push-Nachricht auf sein Smartphone gespielt. Dieser Service-Bedarf wird auch an die BMW-Werkstatt gemeldet, wo das System aufgrund von Erfahrungswerten automatisch den Arbeitsaufwand abschätzt und überprüft, ob der Service in der Werkstatt oder beim Kunden erledigt werden kann. Weiterhin wird die Werkstattauslastung mit dem Outlook-Kalender von Dr. Weiß abgeglichen und ihm Terminvorschläge auf seinem Smartphone eingespielt. Dr. Weiß wählt den morgigen Tag. Das System disponiert die benötigten Ersatzteile. Anhand des Kundenprofils von Dr. Weiß erkennt das System zudem Upselling-Potential. Das System prüft die Verfügbarkeit eines 530xd Touring mit M-Paket und bucht das Auto für den kommenden Tag als Ersatzfahrzeug. Bei der Spritztour des jungen Rechtsanwalts mit dem Ersatzfahrzeug wird sein Fahrverhalten aufgezeichnet, also Verbrauch, Beschleunigung, Streckenlänge usw. Eine App zeigt ihm, inwiefern er bei gleichem Fahrstil mit dem neuen 5er Benzinverbrauch und CO²-Ausstausch senken kann. Das sind wichtige Argumente für den nächsten Kauf - verbunden mit einer hohen Konnektivität des Fahrzeugs.


Philipp Grün liebt Mobilität mehr als Autos. Der 29-jährige Unternehmensberater hat gar kein Auto, sondern nutzt Quicar, Drive Now und Car2Go. Seinen hohen Anspruch an Qualität setzt er bei mittlerem Einkommen so um, daß er sich kleine, aber feine Anschaffungen konzentriert. Er ist Purist, markenorientiert und sehr internet-affin. Über seine Mobilitätsplattform wird ihm stets das effizienteste Transportmittel für seine Reiseanfragen vorgeschlagen. Als Intensivverwender kann er alle Fahrzeuge sogar reservieren. Für die Fahrt zum Flughafen wird ihm Carsharing via QuiCar vorgeschlagen. Nach dem Einstieg in den VW Golf synchronisiert sich dieser mit Philipps Handy und übernimmt die Einstellungen von Sitzposition, Navi und bevorzugten Radio-Sendern. Optional kann er seine Fahrt für andere sichtbar machen. Damit akzeptiert er Anfragen und sammelt so Bonuspunkte. Dieser Service zahlt auf die Marke Volkswagen ein, mit der er heute unterwegs ist, ein, weil es dem Markenkern von "Demokratisierung von Mobilität" entspricht.


Voraussetzung für innovativen Service ist ein durchgängiges Datenmanagement über Abteilungsgrenzen hinweg


Die Daten aus allen Quellen bei Hersteller, nationaler Vertriebsgesellschaften, Händler und Automobil müssen zusammengeführt werden, und zwar aus Vertrieb, Kundendienst und Marketing. Dazu ist eine Kundenidentifikationsnummer sinnvoll, die eine Fahrer-/Fahrzeug-Kombination kennzeichnet. So hat es Auto Nation in den USA geschafft, den gesamten Fahrzeuglebenszyklus vom Neuwagenkauf, über den Kundendienst und Weiterverkauf bis zum Gebrauchtwagen-Service abzubilden und bietet dem Halter jeweils maßgeschneiderte Services an.


Bei defizitären CRM-Systemen kann eine behelfsweise Lösung darin bestehen, die Kunden wie bei "MyOpelService" ihre persönlichen und fahrzeugbezogenen Daten auf einer Plattform hinterlegen zu lassen. Sie erhalten auf Wunsch maßgeschneiderte Angebote und Erinnerungen an Wartungs- und Reparaturtermine. Eine andere Lösung könnte darin liegen, daß der Datenmaster im Dealer Management System liegt und die Kunden den Hersteller für die Nutzung freischalten. Das werden sie aber nur tun, wenn sie Mehrwertdienste erhalten.


Zusammenfassend: In Zukunft müssen die Arbeitsprozesse zwischen Vertrieb und Kundendienst stärker verknüpft werden. Zu sehr herrscht noch Silo-Denkenden vor, wie im übrigen auch bei Händlern und Servicebetrieben. Dies geht zu Lasten der Kundenorientierung, in der andere Branchen weit voraus sind. Der Gewinner steht für mich schon fest: Die Hersteller sind in der Datensammlung und Entwicklung attraktiver Mehrwertdienste weiter. Das klassische Autohaus ist der Verlierer, es sei denn es nutzt die Datenmacht des Herstellers durch Kooperation. Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts.

 

 


 

Abbildung "Das Spiel wird schneller"

 

15.12.2014

Das Spiel wird schneller. Autohändler müssen digital denken

Von Thomas Dmoch

 

Social Media haben das Kommunikations- und Kaufverhalten der Konsumenten grundlegend verändert. So ist für Kaufinteressenten das Internet die erste und wichtigste Informationsquelle beim Autokauf geworden. Zudem suchen sie dort gerne den Rat anderer Nutzer, weil sie "Leute wie Du und ich" für glaubwürdiger halten als Werbung, Prospekte oder den Verkäufer im Autohaus. Deshalb findet ein Großteil der Kommunikation über Produkte und Dienstleitungen heute zwischen den Kunden statt, nicht mehr zwischen Kunde und Hersteller.


Der Hersteller kann die Kommunikation zwischen Kunden nicht kontrollieren. Einseitige Massenkommunikation hat ausgedient. Man beschreibt diese Paradigmenwechsel mit der Analogie vom Bowling (früher) und Flipper-Spiel (heute): Hersteller lancieren Werbebotschaften, so wie man eine Kugel ins Spiel wirft. Wie beim flippern hat der Hersteller kaum noch Möglichkeiten der Kontrolle, wie sich die Kugel im Spiel verhält. Wie beim Flippern geht darum, möglichst lange im Spiel zu bleiben. Bezogen auf die Kundenkommunikation bedeutet das, wirklich relevante Informationen anzubieten und den Dialog zu suchen.


Die Hersteller bedienen diesen Trend, indem sie durch ausgefeilte Fahrzeugkonfiguratoren und vielfältige Kontaktmöglichkeiten (Brand Lands, Pop-up Stores, mobile Verkaufsteams etc.) den Informationswünschen der Konsumenten entgegen kommen und gezielt Gesprächsstoff für die Interaktion untereinander bieten.


Dagegen haben viele Händler ihre Angebote noch nicht auf den digitalen Kunden angepasst. Stattdessen scheint es weiter die Regel, einen Tag der offenen Tür zu veranstalten, mit Hüpfburg, Currywurst und Geschicklichkeitsparcours; und das, obwohl sich die Erwartungen an das Autohaus stark verändert haben! Die Kunden sind primär im Internet unterwegs. Aufgrund der hohen Markttransparenz durch das Internet hat der Verkäufer seine Informationshoheit längst verloren. Heute sind Kaufinteressierte beim Händlerbesuch bestens informiert und haben wenige, aber sehr konkrete Informationswünsche. Zudem kommen sie in einer späten Phase der Kaufentscheidung ins Autohaus. Das Zeitfenster, in der der Verkäufer die Kaufentscheidung beeinflussen kann, ist stark verkürzt. Man spricht von "Zero Moment of Truth. Das heißt für den Verkäufer: Gut zuhören, schnell reagieren und treffsicher argumentieren.


Insbesondere Social Media bieten große Chancen den Verkäufer dabei zu unterstützen. Entscheidend ist, daß der Ursprung des Kundendialogs im Internet liegt. Deshalb müssen Händler wie selbstverständlich über eine Internetpräsenz verfügen, die alle kaufrelevanten Beratungsangebote umfasst, z.B. einen Online-Finanzierungsrechner und die Möglichkeit zur direkten Kontaktaufnahme. Nimmt der Kunde auf diesem Weg Kontakt zum Händler auf, ist eine schnelle Reaktion gefragt. Ein träges Antwortverhalten mahnen die Konsumenten im Internet schnell ab. Doch viele Händler wissen gar nicht, was ihre Kunden im Internet über sie sagen. Die Folge: Wichtige Kundeninformationen gehen an ihnen vorbei. Deshalb ist es vordringlich, daß die Verkäufer auf Social Media-Plattformen aktiv sind. Dort sollten sie allerdings Kunden nicht aktiv ansprechen, sondern zunächst Rolle des Zuhörers einnehmen. Der Dialog in Social Media findet zwischen Kunden statt. Einmischung würde als aufdringlich empfunden. Stattdessen sollten Verkäufer gute Argumente an der richtigen Stelle vortrage. Die Kunst des Verkäufers besteht darin, das Interesse des Gesprächspartners in die reale Welt des Showrooms zu ziehen. Die dazu nötige Social Media Monitoring Software ist auch für Autohäuser erschwinglich und hilft dem Verkäufer, solche Gesprächsanlässe zu finden.


Weiterhin spielt die erlebnisorientierte Fahrzeugpräsentation im Autohaus eine wichtige Rolle. Vorbilder sind hier moderne Kaufhäuser mit einer interessanten Warenpräsentation, die alle Sinne anspricht, und parallelen E-Commerce-Angeboten. So lässt man den Kunden die Wahl, sich auf dem Weg zu informieren und zu kaufen, der für sie am bequemsten ist. Der positive Einfluß auf den Umsatz ist nachgewiesen.
Autohändler haben gegenüber dem Internet den Vorteil des direkten Kundenkontakts. Das Auto ist ein hoch emotionales Produkt, das die Kunden auch morgen noch fühlen, riechen und sinnlich erfahren wollen. Händler können zum einen die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden viel besser ansprechen. Zum anderen kann ein Verkäufer im direkten Gespräch seine Argumente viel besser platzieren und am Fahrzeug belegen als das im Internet möglich ist. Nichts geht über "tyre kicking" im Autohaus.


Dennoch müssen nicht nur die Händler, sondern auch die Hersteller das Internet stärker für sich nutzen. Zwar haben die Hersteller vielfältige Vertriebs- und Kommunikationskanäle geschaffen, um dem sprunghaften Medienverhalten und den gestiegenen Kundenerwartungen Rechnung zu tragen. Allen Kanälen, ob nun Car Sharing, Mobilitätsangeboten oder dem Internet-Vertrieb ist gemein, dass man eine hohe Betreuungsqualität nur durch Sammlung aller Transaktions- und Interaktionsdaten des Kunden sicherstellen kann. Idealerweise erhält der Hersteller einen 360° Grad-Blick auf den Kunden. Dafür ist eine Aufgabenteilung zwischen Handel und Hersteller sinnvoll: Der Hersteller übernimmt das komplexe Multichannel-Management. Der Handel ist für bestimmte Dienstleistungen wie Probefahrten, die Auslieferung oder Mietwagenbereitstellung verantwortlich. Dafür erhält er eine Provision. Diese Arbeitsteilung ist auch für den Handel vorteilhaft, weil er so Zugang zu neuen Angeboten und Zielgruppen erhält.


Allerdings wird die Situation dadurch verschärft, daß neue Mobilitätsanbieter auf den Markt drängen, wie Energieversorger, Kommunen, ÖPNV und Bahn sowie Telematik-Provider und Car-Sharing-Unternehmen. Sie sind erfolgreich, weil immer weniger, vor allem junge Menschen sich ein Auto anschaffen möchten. Stattdessen suchen sie Mobilität. Vor allem Städter verzichten auf den Autokauf, weil sie ohnehin nur im Stau stehen oder mühsam einen Parkplatz suchen. Dagegen nutzt man das Auto sehrwohl, wenn es sinnvoll ist, und kombiniert es geschickt mit vielen anderen Transportmitteln. Pilotprojekte zeigen, dass entsprechende Mobilitätsangebote, z.B. Movel oder Citroen MultiCity erfolgreich sind, wenn alle Verkehrsmittel komfortabel integriert sind. Dazu müssen alle beteiligten Anbieter kooperieren. Denn: In der Mobilitätsarena von morgen hat der Einzelkämpfer keine Chance.

 

 


Lego-Brand-Ambassadors

 

5.12.2014

Das Internet forciert interkulturelle Markenkommunikation

von Thomas Dmoch

 

Auf den ersten Blick scheint das Internet die Markenführung wegen seiner hohen Reichweite zu geringen Kosten zu vereinfachen. Zudem macht die vom Internet ausgelöste Informationsflut die Markierung von Produkten noch wichtiger, dienen Marken den Konsumenten doch zur Vereinfachung der Kaufentscheidung. Zugleich werden Marken im Internet angreifbarer, weil die Community schlechte Qualität nicht toleriert und durch Social Media eine hohe Kommunikationsmacht hat, wie zum Beispiel die Kundenbeschwerde "United breaks Guitars" auf YouTube zeigt. Social Media ändern die Regeln der Markenkommunikation, weil sie die Solidarisierung der Konsumenten im Internet erlauben.

 

Nicht nur die Wahrnehmung der Marke ist durch das Internet verändert. Die Konsumenten beeinflussen auch die Markenführung aktiv. So ist die "BMW Motorcycle Story" eines Kunden auf YouTube schöner als mancher Werbespot des Herstellers. Das durch das Internet veränderte Kommunikationsverhalten der Konsumenten fordert ein neues Verständnis der Markenführung. Es geht nicht mehr darum, im Internet nur Aufmerksamkeit zu erzeugen, sondern auch die Beziehungen zwischen Kunden und Unternehmen, z. B. in Form von Brand Communities, aktiv zu gestalten.

 

In gesättigten Märkten mit austauschbaren Angeboten hat die Markenkommunikation die wichtige Aufgabe, ein einzigartiges Markenimage aufzubauen und sich vom Wettbewerb zu differenzieren.
Des Weiteren ist bei der Kommunikation mit Kunden darauf zu achten, dass diese bei der Nutzung ihrer Daten durch das Unternehmen sehr sensibel sind. Untersuchungen haben gezeigt, dass Kunden eher dazu bereit sind, Informationen über sich preiszugeben, wenn sie konkrete Vorteile daraus ziehen.

Um sich diesen neuen Herausforderungen zu stellen, sind interaktive Marken notwendig. Der Interaktionsgrad einer Marke wird durch die Merkmale Häufigkeit der wechselseitigen Reaktionen (Schnelligkeit des Dialogs), Reaktionsgeschwindigkeit und Relevanz der Antworten für den Kunden operationalisiert.


Dabei wirkt die Interaktion positiv auf mehrere Bereiche des Unternehmens. Durch intensive Produktnutzung werden Kunden zu Experten. Mit ihrem Know-how tragen sie zur Verbesserung der Servicequalität und zur Kostenreduzierung bei. Durch positive Bewertungen in Foren und Blogs kann ein Bestandskunde neue Kunden für die Marke gewinnen und damit den Vertrieb stärken.

 

Interaktivität stärkt die Marke. Erfolgt die Interaktion in Form eines Dialogs oder noch besser in Form von manifestem Verhalten, so kommt es zu einer intensiveren gedanklichen Verarbeitung und Speicherung im Gedächtnis. In der Kaufentscheidungssituation werden diese markenspezifischen Inhalte dann besser und schneller erinnert: Der Konsument hat lebendigere innere Vorstellungsbilder von der Marke. Diese Erkenntnis hat eine hohe Bedeutung für das Markenimage, da es neben verbalen Assoziationen auch nonverbale Vorstellungen beinhaltet. Die hohe Wirkung von inneren Bildern auf das Kaufverhalten ist belegt. Ein hoher Interaktionsgrad hat also eine positive Auswirkung auf Markenimage, Markenerinnerung und Kaufbereitschaft.

 

Am POS führt eine hohe Interaktivität zu einer Erhöhung von Verweildauer, Wiederbesuchs- und Kaufabsicht. Durch den hohen Interaktionsgrad hat der Benutzer mehr Freiheitsgrade bei der Ausgestaltung der Kommunikation und kann diese stärker auf seine individuellen Informationsbedürfnisse anpassen. Weiterhin beeinflusst die Auseinandersetzung mit der Marke die Einstellung zur Kommunikation und Marke positiv. Sie führt zudem zu einem höheren Werbemittel-Involvement der Nutzer. Dadurch tauchen Nutzer tiefer in die Markenwelt ein und lernen dadurch Markeninhalte besser. Es ist darauf zu achten, dass die wahrgenommene Stärke der Interaktion vor allem von der Geschwindigkeit des Dialogs abhängt, d.h. ob auf das Dialogangebot des Kunden eine unmittelbare Reaktion (Like, Post) erfolgt.

Bisher haben sich vor allem Sportartikelhersteller erfolgreich darum bemüht, ihre Markenkommunikation interaktiv zu gestalten. Die Website NikeID.com ermöglicht dem Nutzer, seine Sportschuhe individuell am Rechner zu konzipieren. Durch die Personalisierung des Produkts fällt es den Kunden leicht, sich stärker mit der Marke zu identifizieren. Des Weiteren bietet Nike auf seiner Homepage an, innerhalb der Nike Community persönliche Lauferlebnisse zu schildern und diese mit anderen Nutzern zu teilen. Dabei wirken die Community-Mitglieder als Markenbotschafter. Die Community stärkt die Kundenloyalität. Zudem sind sie motiviert, dem Unternehmen Feedback zu dessen Produkten zu geben.

 

Interaktive Marken sind eine Antwort auf die Ubiquität des Internets und dem veränderten Konsumentenverhalten. Bei Unternehmen muss dadurch ein Umdenken stattfinden. Sie müssen sich davon lösen, nur Botschaften zu senden. Sie müssen vielmehr Angebote schaffen, mithilfe derer sie auf ihre Kunden hören und mit ihnen in Dialog treten können. Dieser Dialog findet weltweit statt. Die Dialogangebote müssen Kunden zum Mitmachen animieren. Deshalb sind Änderungen in Aufbau und Ablauforganisation des Unternehmens nötig. Für Unternehmen bietet sich zugleich die Chance, sich durch neuartige Produkt-Service-Kombinationen vom Wettbewerb zu differenzieren. Interaktive Marken sind nicht nur aus Unternehmenssicht unverzichtbar, sie werden vielmehr von den Kunden gewollt und erwartet. Sie sind ein Zeichen der Zeit.

Dr. Thomas Dmoch

 

Diese Internet-Seite diente ursprünglich zum Transfer der Daten meiner Forschungsarbeit. Heute ist sie eine Plattform für interkulturelle Kommunikation im digitalen Zeitalter. Sie ist Experimentierfeld für Social Media.

 

Internationale Werbeplanung: Königsweg oder Mördergrube?