Zusammenfassung
"Interkulturelle Werbung. Verhaltenswissenschaftliche Grundlagen
für die Standardisierung erlebnisbetonter Werbung"
Die emotionale Positionierung einer Marke auf internationalem Niveau ist eine Werbestrategie,
die den Kommunikationsbedingungen (Marktsättigung, Informationsüberlastung und lebensstil-
orientierter Konsum) in vielen Ländern Europas angemessen ist.
Für die Euro-Positionierung spricht insbesondere, daß die Kontaktchance der Konsumenten
mit ausländischer Werbung gesteigert ist, weil die Mobilität der Konsumenten und der Media-
Overspill zwischen den Länder hoch sind. Der internationale Markenauftritt muß bei den
Konsumenten einen ähnlichen Eindruck hinterlassen, um die Markenerinnerung nicht zu
mindern
oder womöglich Irritation auszulösen. Entscheidend ist mithin das übereinstimmende
Verständnis der Positionierung in den verschiedenen Ländern.
Aus Kostengründen favorisiert man die standardisierte Umsetzung der Positionierung in
Bild
und Text der Werbemittel. Ob das gleiche Bild aber überhaupt eingesetzt werden kann,
hängt von den Regeln der in der internationalen Zielgruppe verbreiteten Bildersprache ab.
Einblicke in diese Bildersprache gibt die Untersuchung des Assoziationsverhaltens der
Zielgruppe. Sie liefert Informationen darüber, (1.) ob eine bestimmte Positionierung durch
das gleiche Bild effektiv umgesetzt werden kann und (2.) wie dieses Bild im Detail zu
gestalten ist, damit es von den Konsumenten richtig verstanden wird.
Das Verständnis bestimmter Positionierungen wurde durch das Konzept der Wortbedeutung operationalisiert. Es wurden 74 emotionsbeschreibende Schlüsselworte verwendet,
die emotionale Positionierungen bezeichnen, z. B. glücklich, zufrieden oder abenteuerlich.
Gemessen wurden die Wortbedeutungen (1.) durch die bildhaften Assoziationen auf die
Schlüsselworte und (2.) durch die affektive Reaktion auf die Schlüsselworte.
Der 1. Bedeutungsaspekt wurde durch einen Wortassoziationstest unter Imagery-Instruktion
gemessen, der 2. Bedeutungsaspekt durch ein Graphisches Differential zur Erhebung der
Intensität (Activity) und Richtung (Evaluation) von Emotionen. Beide Meßinstrumente waren
zuvor durch einen Pretest interkulturell validiert worden.
Innerhalb welcher Grenzen die Schlüsselworte bedeutungsähnlich sind und entsprechende
Bilder vermutlich ähnlich verstanden werden, hängt der Kultur der Zielgruppe ab. Die Kultur
wurde durch mehrere personenbezogene Einflußgrößen operationalisiert.
Schließlich wurden 15 Hypothesen über die Wirkung dieser Einflußgrößen auf die Ähnlichkeit
der Wortbedeutung aus der psychologischen, soziologischen und kulturanthropologischen Emotionsforschung abgeleitet.
Diese Hypothesen wurden in Deutschland, Frankreich und der Schweiz durch Befragung von
6400 studentischen Versuchspersonen überprüft. Dabei bestätigte sich nur der Einfluß der
gemeinsamen Sprache und des Kollektivismus auf die Bedeutungsähnlichkeit. Keinen Einfluß
hatten Nationalität, Alter, Geschlecht und geographische Herkunft der Befragten.
Unabhängig von den kulturellen Einflußgrößen hatten Schlüsselworte, die sich auf Länder
oder Gebiete beziehen, z. B. französisch oder karibisch, immer eine hohe Bedeutungsähnlichkeit.
Das letztere Ergebnis spricht dafür, daß Bilder, die sich auf nationale Stereotype beziehen,
international ähnlich verstanden werden. Weil sie meist angenehm empfunden werden,
bieten
sie sich für die internationale Markenpositionierung durch standardisierte Werbung an.
Ausgehend von diesen Ergebnissen wurden pragmatische Regeln für die Gestaltung internationaler Werbung abgeleitet und hinsichtlich möglicher Anwendungen in einem Expertensystem zur Werbegestaltung dargestellt.
Quelle: Dmoch, T. (1997), Interkulturelle Werbung. Verhaltenswissenschaftliche Grundlagen für die Standardisierung erlebnisbetonter Werbung, Aachen: Shaker-Verlag.